Wochenrückblick KW 43

Mein Gastschüler fragte mich, wie ich mehrere Bücher gleichzeitig lesen könne – als wäre das wie das Schauen mehrerer Serien. Doch jedes Buch erfüllt einen anderen Zweck: Eines inspiriert, eines löst Probleme, eines entspannt. Dieses Gespräch erinnerte mich daran, wie sehr Lesen mein Denken prägt – und dass echtes Lernen erst beginnt, wenn man Wissen festhält, nicht nur konsumiert.

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Mein Gastschüler taucht zur Mittagszeit aus seinem Zimmer auf – zerzauste Haare, noch halb im Traumland – und findet mich am Esstisch. Vor mir: ein Buch, ein Becher Kaffee und ein Joghurt. Neugierig zeigt er auf das Buch in meiner Hand. „Ist das das neue Buch, von dem du mir erzählt hast? Das, auf das du dich so gefreut hast?“ Ich schüttle den Kopf. Sein Blick verrät ehrliche Verwirrung: „Aber… warum liest du’s dann nicht?“

Ich löffle weiter, schmunzle und erkläre, dass ich es doch lese – nur eben gerade nicht. Jetzt ist Zeit für ein anderes. Das bringt ihn vollends aus dem Konzept. Mehrere Bücher gleichzeitig? Das sei doch, als würde man mehrere Serien gleichzeitig schauen!

Ich überlege kurz, nippe an meinem Kaffee und merke, dass der Vergleich hinkt. Denn meine Bücher erfüllen unterschiedliche Zwecke – wie Werkzeuge in einer gut sortierten Werkzeugkiste:

  • Das Buch in meiner Hand ist mein Casual Reading. Kein Fachbuch aus meiner Disziplin, sondern eines, das mich einfach interessiert – Psychologie, Geschichte oder Kultur. Gerade lese ich über die Kunst, auf Papier zu denken (Amazon-Affiliate-Link).
  • Das zweite Buch ist ein Fachbuch, das mir hilft, aktuelle Probleme zu lösen – derzeit Design Thinking fürs Leben (Amazon-Affiliate-Link).
  • Das dritte Buch ist mein Spaßbuch: Fantasy oder Thriller. Mein literarisches Feierabend – perfekt für Mittagspausen oder den Moment, bevor die Augen zufallen.

Wenn man den Serienvergleich trotzdem ziehen möchte: Mein Spaßbuch ist die Serie. Es hat Handlung, Charaktere, Tiefe – ich tauche ein und vergesse die Welt. Die anderen beiden dagegen sind keine Serien, sondern eher Dokumentationen und Essays. Ich lese sie nicht nur, ich studiere sie.

Nach dieser Erklärung lade ich meinen Gastschüler auf eine kleine Expedition durch meine Bücherregale ein. Im Wohnzimmer reihen sich Sachbücher und Romane dicht an dicht. Viele kennt er nur aus Filmen: Jack Reacher von Lee Child, die Tom-Clancy-Reihe rund um Jack Ryan – alles bekannt aus Hollywood oder Amazon Prime.

Im Arbeitszimmer angekommen, halte ich kurz inne. Was könnte ihn wohl faszinieren? Und ehe ich mich versehe, philosophiere ich über Bücher, die mich geprägt haben:

In der Tat tue ich nur so, als würde ich über seine Interessen sprechen. In Wahrheit rede ich über Bücher, die ich mir selbst als junger Mensch gewünscht hätte. Ich merke, wie alles zusammenhängt – wie meine Gedanken, Erfahrungen und das Gelesene miteinander verwoben sind.

Mein Gastschüler staunt: „Wie kannst du dir das alles merken?“ Ich lache. „Weil ich inzwischen anders lese.“ Ich mache Notizen, halte Gedanken fest, verbinde Ideen. Früher habe ich das nicht getan – vieles ist deshalb im Nebel der Erinnerung verschwunden. Und genau das zeigt mir, wie wertvoll Mentoren sind: Menschen, die einen an die Hand nehmen, bevor man selbst den Überblick verliert.

Später, nachdem wir den Tisch abgeräumt haben, sitze ich mit meinem Tagebuch da. Noch klingen meine eigenen Worte nach. Zwei Erkenntnisse leuchten besonders hell:

  • Produktivität ohne Ziele gibt es nicht – sonst drehe ich nur das Rad im Hamsterkäfig.
  • Gesunder Schlaf ist kein Luxus, sondern Treibstoff für den nächsten Tag.

Während ich darüber schreibe, kommt der Moment der Klarheit. Ich frage mich: Welche Projekte treiben mich gerade um – beruflich wie privat? Führen sie wirklich auf meine Ziele zu? Und – Moment mal – wo stehen diese Ziele eigentlich? Habe ich sie aufgeschrieben?

Ich muss lachen. Vielleicht war das Gespräch mit meinem Gastschüler mehr als nur ein Mittagsthema. Vielleicht war es ein Weckruf. Zeit, ein wenig aufzuräumen – im Kopf, im Regal und im Leben.

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