Wochenrückblick KW 42
Nachdenken über das zweitwichtigste Gut in unserem Leben: Aufmerksamkeit.

Nach einem Elternabend für die neunte Klasse saßen wir am Wochenende gemütlich zusammen am Frühstückstisch. Ein guter Moment, um die sensiblen Themen anzusprechen. In diesem Fall ging es um Handys im Schulunterricht. Genauer gesagt: das unerlaubte Benutzen. Es gibt Phasen der selbstständigen Arbeit, in denen die SuS auch mithilfe der Handys oder Tablets recherchieren sollen. Nur gehört Clash-Royal-Spielen nicht zu diesen Aufgaben, sondern in die andere Kategorie.
Im Laufe der Diskussion des Für und Wider von Handys in der Schule sind wir an den Punkt gekommen, dass es um die Sucht und die (zu) enge Verbundenheit mit den Endgeräten ging. Ab dem Moment habe ich die Jugend in dem Gespräch verloren. Es ging nicht mehr ums Zuhören oder Verstehen. Es wurde geblockt und die nächste Chance, den Frühstückstisch zu verlassen, genutzt. Ich bin es also falsch angegangen. Ein anderer Blickwinkel auf das Thema ist vonnöten, um über die Ablenkung zu philosophieren.
Laserfokus
Apropos Ablenkung. Ich bin im Moment des Schreibens enorm abgelenkt. Ein Kundenprojekt ist durch externe Faktoren mit einem deutlich früheren Abgabetermin versehen worden. Dazu kommt, dass ich gesundheitlich kürzer treten muss. Eine extrem unglückliche Kombination. Aus dem Mangel an Zeit und Kapazität stellt sich die Frage, was in welcher Form fertiggestellt werden kann. Und um das zu gewährleisten, gilt es, den absoluten Fokus auf diese Arbeit zu legen und solange andere Themen ruhen zu lassen.
Die klassische Reaktion in einer solchen Situation ist schlichtweg mehr zu arbeiten. Mehr Tage und je Tag mehr Stunden. Zum Glück bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich weiß: Dieser Weg klappt nicht. Zumindest nicht langfristig und in der Kombination mehr Tage und mehr Stunden je Tag schon gar nicht.
Wichtig ist zu erkennen, was wirklich zentral an Features für die Auslieferung ist. Eigentlich logisch. Welche Bausteine stellen den zentralen Mehrwert dar und sind für den Livegang erforderlich? Ohne die Zeitverknappung hätte ich vielleicht einige der guten Fragen nicht gestellt. Denn trotz des unangenehmen Drucks sind die Erkenntnisse wichtig für das Produkt.
Dies ist keine neue Erfahrung. Doch es ist gut, wieder daran erinnert zu werden. Was kann gestrichen werden und das Produkt erfüllt noch den Zweck? Das, was übrig bleibt, nehmen und exzellent umsetzen.
Zweiter Versuch mit neuem Blickwinkel
Heutzutage sind viele Jugendliche im Fitnessstudio. Es geht so weit, dass Ernährungspläne erstellt werden, bewusst auf Naschzeug verzichtet und das Training allen Widrigkeiten zum Trotz absolviert wird. Soweit so stark. Das ist doch der perfekte Aufhänger.
Ich habe mir die Mühe gemacht, die Handy-Sucht-Diskussion mit diesem Blickwinkel aufzugreifen und gefragt, wie so ein Training abläuft. Na klar, die Kopfhörer im Ohr und das Handy dabei – als Zuspieler mit einer Musikapp. Während des Trainings natürlich voller Fokus auf die Übung. Keine Ablenkung, sondern ein fester Trainingsplan mit kurzen Pausen, Anzahl Sätze und Wiederholungen, die klar machen, wie der Trainingsfortschritt aussieht.
Wenn es so abliefe, wäre alles gut. Nur dann brummt das Handy – eine Nachricht. Mal schnell drauf antworten. Das nächste Fitnessgerät ist besetzt. So eine Pause ist lang und langweilig – zack, Social Media App auf und scrollen. Das Training ist nicht ansatzweise so intensiv wie geplant. Der Fokus ist nicht auf sich selbst und den Körper gerichtet. Denn so ist das leider mit der Aufmerksamkeit: Wo die ist, findet das Leben statt.
Der Wechsel des Blickwinkels hatte erstaunliche Einsicht zur Folge. Das eigene Verhalten ist nicht kohärent mit den eigenen Zielen. Daraus reifte eine Selbsterkenntnis, die erklärte, weswegen nach einigen Trainings eine enorme Unzufriedenheit herrschte – immer dann, wenn das Training unterbrochen war von intensiver Handynutzung. Damit war alles erreicht, was ich anstoßen wollte: Nachdenken über das Nutzungsverhalten und die Auswirkung auf eine limitierte Ressource: Aufmerksamkeit. Aus meiner Sicht die zweitwichtigste nach der (Lebens-)Zeit an sich.
Wenn ich andere zum Nachdenken bewegen möchte, hat es stets zur Folge, bei mir selbst zu schauen. Ich habe z.B. die Bluesky-App gelöscht, nur um über den Browser, den ich nicht löschen kann, im Bluesky-Feed zu scrollen. Gar nicht gut. Dafür hat das Löschen der Youtube-App gewirkt. Sinnloses, durchaus lustiger Shorts-Schauen ist kein Zeitfresser mehr. Immerhin.