Newsletter 006 - Die Bedeutung von Werten und Fähigkeiten im Jobinterview

Die Tücken des Bewerbungsgesprächs – meine Gedanken zum Jobinterview und seinen Facetten, mit Schwerpunkt auf Werte und Cheat Sheets für das Frage-Antwort-Spiel.

9 Minuten
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Im zweiten Teil meiner Newsletter-Serie "Wissen in Bildern" liegt der Schwerpunkt auf dem Bewerbungsgespräch. Für ein zufriedenes und glückliches Leben ist es meiner Meinung nach entscheidend, eine Beschäftigung zu finden, die zu mir – also meinen Werten und Interessen – passt. Meiner Beschäftigung kann ich in verschiedenen Formen nachgehen: als klassische Festanstellung, Selbstständigkeit, Firmengründung oder -nachfolge.

Allen Formen gemein ist, dass ich initial (Bewerbungs-)Gespräche mit anderen Menschen führe, in denen ich einerseits viel über mich preisgebe und anderseits Informationen über meinen Gesprächspartner erlangen will, um den Abgleich mit meinen Interessen und Werten vorzunehmen. Dies ist sowohl aus Sicht eines Bewerbenden als auch Einstellenden wahr.

Frage-Antwort-Spiel – Part 1, die richtigen Antworten

Es gibt unzählige Quellen, wie Bücher, Videos oder Tutorials, die helfen, im Bewerbungsgespräch die "richtige" Antwort zu geben. Und richtig suggeriert hier perfekt bzw. optimal. Als ob es darum ginge, mein Gegenüber zu beeindrucken, meine Verhandlungsposition zu stärken oder im schlimmsten Fall von falschen – also nicht meinen – Werten zu überzeugen, um den Job zu bekommen oder meine Gehaltsforderung zu rechtfertigen.

Was sind die richtigen Antworten? Am Ende muss das jede:r für sich entscheiden. Meiner Meinung nach sind gehaltvolle Antworten ohne auswendig gelernte Phrasen ideal. Mit gehaltvoll meine ich die Nennung konkreter Beispiele, die Bezug zur Frage und der angestrebten Position bzw. Rolle haben. Statt Phrasen empfehle ich authentische, eigene Formulierungen, um meine Werte zu transportieren.

Um die Ausführung abzurunden, folgt in der nächsten Abbildung eine Auflistung klassischer Fragen inklusive der zu vermeidenden Antworten. Spannend finde ich die Erklärungen, weshalb die jeweiligen Antworten zu vermeiden sind. Die "bessere Antwort" verdeutlicht meinen geschilderten Ansatz.

Quelle Justin Mecham

Frage-Antwort-Spiel – Part 2, die richtigen Fragen

Zum Frage-Antwort-Spiel gehören zwei. Und als Bewerbende:r will ich etwas über meinen zukünftigen Arbeitgeber, dessen Team und meine Position erfahren. Hierbei sind zwei Aspekte relevant: zum einen gilt es, selbstbewusst die Fragen zu stellen. Zum anderen bietet es sich an, bei den Antworten aktiv zuzuhören (→ im Rahmen meines Artikels über eine Fortbildung zu Konfliktmanagement und Verhandlungstechniken bin ich auf dieses Thema näher eingegangen).

Das eine ist der Vorsatz, Fragen zu stellen, das andere, die richtigen Fragen auszusuchen. Die Sachinformation und Fakten sind dabei zweitrangig. Viele Arbeitgeber beschönigen das Arbeitsumfeld, das sie bieten, wie in einer Art Verkaufsgespräch. In Zeiten von Fachkräftemangel kann ich es nachvollziehen, halte es für falsch. Es hilft niemandem weiter und ist absolut kontraproduktiv. Spätestens in der Probezeit werden die Lügen und Beschönigungen aufgedeckt.

Was ist also vorrangig bei den Fragen? Gleich welche Fragen gestellt werden, bohrt mit Folgefragen nach (oft salopp umschrieben als In-die-Tiefe-Fragen) und gleicht die Antworten mit eurem inneren Wertekompass ab. Das erhöht die Chancen, dass ihr langfristig in dem Job zufrieden und glücklich seid.

Nachfolgend findet ihr eine Übersicht von Fragen und worauf bei den Antworten ein besonders Augenmerk zu legen ist.

Quelle LinkedIn-Post von Reno Perry

Mit den bis hier bereitgestellten Inhalten meistern wir ein Bewerbungsgespräch mit konkreten Fragen und Antworten problemlos. Nur läuft es nicht immer so ab. Häufig gibt es einen sehr offenen Einstieg mit der Bitte "Erzählen Sie über sich".

Der offene Einstieg

Nicht jede:r vermag aus dem Stegreif den Unterschied offener und geschlossener Fragestile zu benennen, jedoch setzen wir die unterschiedlichen Stile intuitiv richtig ein. Das Vertrauen auf die eigene Intuition ist für die Selbstsicherheit ungemein wichtig, nur verlasse ich mich zusätzlich auf gelerntes Wissen; insbesondere in so wichtigen Situationen wie dem Gespräch für den aktuellen Traumjob oder mit der Wunschkandidatin.

Der offene Einstieg beginnt mit der offenen Frage (die entgegen geschlossenen Fragen nicht nur mit Ja oder Nein beantwortet werden kann) über sich selbst, meinen Lebenslauf oder meinen Werdegang. Wenn ich diese Frage stelle, liegt mein Interesse nicht auf der Sachinformation (was wann gemacht wurde), sondern auf der Begründung der Auswahl (warum wird mir dieser Aspekt geschildert). Des Weiteren hoffe ich darauf, dass ein Bezug auf den aktuellen Gesprächsgrund (also den zukünftigen Job) hergestellt wird. Daraus zeichnet sich ein erstes Bild zu den Fähigkeiten des Bewerbenden. Kann er/sie zuhören (den Hintergrund meiner Frage und den Kontext erkennen), aus einer Vielfalt an Informationen das Relevante für den Gesprächspartner:in selektieren (Perspektivwechsel) und die Themen zusammenhängend vortragen (einen roten Faden haben).

Um dieser abstrakten Beschreibung Leben einzuhauchen, folgt ein Cheat Sheet von Reno Perry inklusive Link zu LinkedIn, der eine mögliche Antwortstruktur aufzeigt, den roten Faden darin erklärt und dies mit zwei Beispielen verdeutlicht.

Quelle LinkedIn-Post von Infographic Insights

Um vom Allgemeinen zum Speziellen zu kommen und um dem Ganzen einen technischen Anstrich zu verpassen, folgt die Betrachtung eines Interviews für einen Softwarearchitekten.

Das Fachwissen

Sosehr ich die Relevanz von Soft-Skills in den bisherigen Absätzen hervorgehoben habe, gilt es in der Regel eine Position oder Rolle zu besetzen, die fachliche Qualifikation verlangt. In der schnelllebigen Welt der IT ist es nahezu unmöglich, für den eingesetzten Tech-Stack jemanden zu finden, der/die diesen vollständig abdeckt. In diesem Zusammenhang beurteile ich die Kompetenz des Bewerbenden auf drei Ebenen.

Die erste Ebene ist das Verständnis von Grundlagen (z. B. welche Datenbanktypen gibt es und welche nutze ich für welche Anforderungen?). Die zweite Ebene ist der Wille zur Selbstreflexion (z. B. wie habe ich eine Herausforderung gelöst; was lief gut? Was lief schief und was habe ich daraus gelernt?). Die letzte Ebene zeigt sich durch den Einsatz von Systemen, Mustern oder Vorlagen – damit meine ich das Wiederverwenden von Wissen auf gleichartige Herausforderungen.

Die letzte Ebene erachte ich als besonders. Basierend auf den Grundlagen und durch Reflexion gewonnenen Erfahrungen erschließe ich mir im Laufe der Zeit das Wissen, das die Voraussetzung zur gezielten Wiederverwendung von Prozessen und Building-Blocks ist.

Um diesen Punkt zu verdeutlichen, folgt nachstehende Grafik. Die "RESHADED" Methode von Educative zeigt einerseits die prozessualen Schritte für die Analyse einer Systemarchitektur und anderseits die wohldefinierten Bauteile (Building-Blocks), die einer Architektur stets mit den Anforderungen abzugleichen sind.

Quelle LinkedIn-Post von Vinay C

Beherrsche ich solche Vorlagen für mein Fachgebiet, kann ich meine Wissenslücken im verwendeten Tech-Stack kompensieren und das System beurteilen, verbessern und mittragen.

Fazit

Das Bewerbungsgespräch ist für alle Beteiligten ein bedeutungsvoller erster Schritt. Meiner Meinung nach sind Transparenz und Ehrlichkeit auf beiden Seiten absolute Notwendigkeit für eine gute Zusammenarbeit. Ohne diese Voraussetzung ist alles Weitere unerheblich.

Seitens Arbeitgeber bedeutet dies, ein klares Bild der zu besetzenden Position zu haben und die Arbeitsumgebung so dazustellen, wie sie wirklich ist. Beschönige ich an dieser Stelle, wäre es angebracht, die entsprechenden Maßnahmen im Betrieb einzuleiten, um den Wunschzustand zu erreichen und damit auch den aktuellen Mitarbeitenden Gutes zu tun.

Seitens Arbeitnehmer halte ich eine Vorbereitung mit den harten Fakten für sinnvoll: Gehaltsvorstellung, Urlaub, Arbeitszeiten und -ort. Wenn in den Punkten eine Übereinstimmung möglich ist, kann über den Werteabgleich geklärt werden, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll ist. Und um dies herauszufinden, haben wir einige Wege kennengelernt. Und wie so oft geht es um die Grundlagen der Kommunikation – aktives Zuhören, Perspektivwechsel, Wertschätzung, Empathie und Analyse und Verstehen.

Selbst wenn wir sämtliche Hinweise aus diesem Beitrag berücksichtigen, ist dies kein Garant für ein erfolgreiches Gespräch. Allerdings sind die Vorzeichen gut gestellt. Und wenn der neue Job als Systemarchitekt gefunden ist, sind wir nicht vor der unten skizzierten Situation geschützt. Denn dies ist eine ganz andere Herausforderung 🤭.

Quelle leider unbekannt - nur andere gefunden, die es ohne Quelle angezeigt haben 😒

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Server Side Stories

Seit dem letzten Newsletter sind zwei weitere Folgen meines Podcasts "Server Side Stories" herausgekommen. Details findest du hier:

  • Episode 11: Ein gutes Arbeitsumfeld hat einen direkten Einfluss auf unsere Produktivität und unser Wohlbefinden. Wenn wir beispielsweise einmal kurz abgelenkt sind, kann es bis zu 15 Minuten dauern, bis wir wieder in den Flow kommen. Ein passendes Umfeld ist entscheidend, um komplexe Themen zu lösen und in den „Tunnel“ zu gelangen, in dem wir fokussiert arbeiten können.

  • Episode 12: Willkommen zu einer neuen Episode von Server Side Stories! In diesem Beitrag nehmen wir euch mit auf die Reise zur Entstehung von Sociabli, unserem neuen Dienst, der es Content Creators ermöglicht, ihre Beiträge mühelos zwischen verschiedenen sozialen Netzwerken zu teilen.

Abonnieren kannst du den Podcast bei Spotify und Apple Podcast.

Ausblick

Im zweiten Teil der Serie haben wir das Thema Bewerbungsgespräch betrachtet. Nachdem wir zunächst Wissen erlangt haben und jetzt einen neuen Job beginnen oder einen neuen Mitarbeitenden im Betrieb haben, stehen in den ersten Wochen meist viele Meetings an. Und genau diesem Thema widmen wir uns im kommenden Newsletter Mitte Mai.

Vielen Dank, dass du meinen Newsletter liest.

All the best – Mark

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