Die 20 jährige Historie dieses Blogs - oder warum es so lange gedauert hat, diesen Blog zu erstellen
Ich beschreibe meine Erfahrungen mit verschiedenen Herausforderungen bei der Einstellung eines Blogs und berichte über die positiven Veränderungen, die ich in meinem Leben bemerkt habe. Dabei streife ich Themen wie Prokrastination, Yak-Shaving-Problem, Perfektionismus, Motion vs. Action und Distraction.
Ich schreibe mein Tagebuch und diesen Blog bisher nicht lange und trotzdem merke ich bereits starke, positive Veränderungen darin, wie ich meinen Alltag wahrnehme. Ich betrachte mein Umfeld mit einer Art investigativen Neugier und verfolge Themen aufmerksamer – oft mit der Frage, lässt sich daraus einen Artikel formen? Das Niederschreiben des Erlebten und meiner Empfindungen, rückt die Dinge in ein neues Licht und mit etwas Abstand und aus einem neuen Blickwinkel betrachtet, ergeben sich unerwartete Erkenntnisse.
Genauso so ergab es sich in einer ruhigen Minute, dass mir die folgende Frage durch den Kopf schoss: "Warum hast du das nicht schon früher gemacht?" Die Antwort ist vielschichtig. Nachdem ich meine Gedanken sortiert und zu Papier gebracht hatte, fiel mir darin ein Muster auf, in dem sich der eine oder andere wiederfinden könnte. Das war der Anstoß, diesen Artikel zu schreiben.
Prokrastination: Das ewige Ringen mit sich selbst
Sobald es darum geht, Inhalte zu schaffen, fallen mir so viele Dinge ein, die ich noch machen könnte. Es beginnt im Haushalt mit der Wäsche, die gewaschen oder zusammengelegt werden kann, geht weiter mit der Küche, in der noch Abwasch wartet oder sollte nicht doch das Haus wieder gesaugt werden?
Was mir sehr geholfen hat, ist, die Zeit am Tag zu finden, in der ich am motiviertesten schreiben kann. Hierfür habe ich Artikel an verschiedenen Tageszeiten und Wochentagen geschrieben und mir notiert, wie gut es geklappt hat und wie ich mich dabei gefühlt habe.
Als Resultat ist herausgekommen, dass ich morgens frisch und voller Energie bin und am wenigsten Ablenkungen habe. Letzteres ist tatsächlich das Wichtigste bei mir. Deshalb habe ich mir vorgenommen, als Erstes am Tag 30 Minuten an Content-Themen zu arbeiten, bevor ich etwas anderes anpacke. Die Willensstärke und Disziplin sind noch gegeben und damit konnte ich das Prokrastinieren zumindest hierfür abstellen.
In diesem Kontext eine Leseempfehlung: die sieben Säulen der Selbstdisziplin → meine Buchkritik folgt :)
Yak-Shaving Problem: Von Bedeutung zu Unbedeutung
Dies ist ein Begriff aus den 1990er Jahren und wurde berühmt durch einen Blog von Seth Godin. Ich las erstmals davon im Buch Praxishandbuch Terraform.
Insbesondere Softwareentwickler neigen dazu, sich bei einem Problem durch eine Reihe von vermeintlich wichtigen und unaufschiebbaren Aufgaben von dem eigentlichen Kern der Arbeit ablenken zu lassen.
Alles beginnt mit einer kleinen Aufgabe, wie dem Veröffentlichen einer Notiz im Blog. Nur dieses Mal soll ein Bild dabei sein. Dieses Bild soll als Social-Media-Image benutzt werden. Grundsätzlich wäre es ja gut, wenn als Fallback immer ein Bild bereitstünde, wofür es ein Plug-In gibt, das kurz installiert werden kann. Bei der Installation des neuen Plug-Ins müssen die anderen Plug-Ins aktualisiert werden, damit die Abhängigkeiten aufgelöst werden können usw.
Perfektionismus: Der innere Schweineh... äh Kritiker
Früher habe ich den Satz "Ich bin selbst mein größter Kritiker" als eine Stärke gesehen. Es hat mich angespornt weiterzukommen, noch mehr zu lernen und noch mehr zu leisten. Die Schattenseiten dieses Ansatzes zu sehen, ist meiner Meinung nach die Kunst. Zu erkennen, wann aus der Triebfeder eine Hemmschwelle wird. Und das passiert öfter und schneller als gedacht.
Wenn ich blogge, dann aber richtig. Das Blog muss perfekt, die Texte und Inhalte richtig gut und das Layout unfassbar cool sein. Hier stand mir mein Perfektionismus – getarnt als Anspruch – im Weg.
Ich wünsche mir für jeden, es mindestens einmal zu erleben, wie in einem (agilen) Projekt eine Idee schrittweise durch (konstruktive) Kritik mit jeder Iteration zu etwas Großartigem heranwächst. Denn eine Idee frühzeitig zu teilen und mit der Kritik zu arbeiten, um etwas zu lernen und zu verbessern, ist mit dem perfektionistischen Ansatz nicht vereinbar. Das Feedback ist wertvoll und es öffnen sich viele Möglichkeiten, die sonst verborgen geblieben wären.
Motion vs. Action: Von Planung zum Handeln
Ich liebe es mich in der Planung, in der Konzeption und in dem "was wäre, wenn" zu verlieren. Das Schreiben von Listen und Plänen fühlt sich produktiv und richtig gut an – ich bin "in motion". Nur wirklich vorankommen und etwas schaffen
ist dies nicht.
Wichtiger ist, etwas zu tun und zu erledigen. Statt das Blog als Projekt nur zu planen und strukturieren, die Webseite live schalten und Texte veröffentlichen. Das unterscheidet "in motion" von "in action".
Seit ich mir diese beiden Zustände bewusst gemacht und sie zu unterscheiden gelernt habe, kann ich mich bei der Tagesplanung und abendlichen Retrospektive in meinem Bullet-Journal kritisch hinterfragen, ob ich heute nur in Bewegung war oder wirklich etwas geschafft habe.
Distraction: Der allgegenwärtige Feind
Mein Handy ist mein ärgster Widersacher in Bezug auf Produktivität. Es ist immer da und stört meinen Flow. Ich muss mich also entscheiden, ob ich erreichbar oder produktiv sein möchte.
Ein wichtiger Schritt für mich war der "nicht stören Modus" und das "Weit-Weg-Legen" des Handys. Für mich ist es wichtig, in einer störungsfreien Umgebung zu arbeiten, um konzentriert zu bleiben.
Nur mit diesem Schritt schaffe ich, die verschiedenen Ideen umzusetzen, die mir durch den Kopf gehen – parallel zur täglichen Arbeit.
Fazit
Es gibt viele Gründe, warum ich bisher keinen Blog hatte. Einerseits stand ich mir mit dem Perfektionismus im Weg und habe mich nicht getraut. Andererseits habe ich den Blog stets geplant und damit doch vermeintlich angefangen … ich habe nicht verstanden, dass ich nur "in motion" war. Die Yaks, Prokastination oder Ablenkung sind weitere Hürden auf meinem Weg gewesen, die ich nur lösen konnte, weil ich sie mir bewusst gemacht habe.
Dies ist meine Empfehlung an dich: schreibe auf, was dich abhält. Formuliere die Blocker so genau wie möglich. Am besten schriftlich. Und dann immer einen Schritt nach dem anderen. Ich habe es nach 20 Jahren geschafft, einen Blog zu veröffentlichen – wie lange wirst du benötigen?